Mai 2018┃Schwanger in der Türkei - 4. Monat

Ich habe das Gefühl, dass die Zeit rast... und plötzlich bin ich schon im 5. Monat schwanger! Der vierte Monat war geprägt von weniger Sorgen, mehr zu tun, vielen spannenden Dingen zu Hause und großartigem Wetter. :) Anfang Mai, also zum Ende meines 4. Schwangerschaftsmonats, waren wir zur Kontrolle bei meiner Frauenärztin und haben unter anderem auch über die Geburt und ihren voraussichtlichen Preis gesprochen. Deshalb möchte ich hier nicht nur von meiner Schwangerschaft, sondern auch etwas allgemeiner über die medizinische Versorgung von Schwangeren in der Türkei sprechen.

Erste Bewegungen

Die Bewegungen unserer Tochter hatte ich in meiner Schwangerschaft 2016 schon früh gespürt. In dieser Schwangerschaft gab es einen Moment in der 11. Woche, in dem ich mir sicher war, das Baby gespürt zu haben. Dann kam aber erstmal lange Zeit nichts und ich zweifelte ein wenig. Jetzt, in der 18. Woche, merke ich das Baby abends, wenn ich mich hinlege, so gut wie jeden Abend. Mein Mann konnte auch schon etwas fühlen, sagt er.

Tagsüber merke ich allerdings kaum etwas. Ich denke, dass das vor allem an unserem beschäftigten Alltag liegt. Unsere 16 Monate alte Tochter hält mich gut auf Trab und manchmal denke ich sogar kaum an das Baby in meinem Bauch. Dann beschleicht mich das schlechte Gewissen, aber ich glaube, das ist beim zweiten Kind ganz häufig so.

Kontrolltermin / Vorsorgeuntersuchung

Anfang Mai, als ich in der 17. Woche schwanger war, waren wir für eine normale Kontrolle bzw. die türkische Version einer Vorsorgeuntersuchung bei meiner Frauenärztin. Meine Ärztin ist eine private Frauenärztin, das bedeutet, dass keine Krankenkasse die Untersuchungskosten trägt. Private Ärzte legen ihre Untersuchungsgebühren selbst fest und sind im Prinzip komplett unabhängig vom türkischen Gesundheitssystem. Warum wir zu dieser Ärztin gehen, erkläre ich gleich.

Der Kontrolltermin lief wie jeder Termin bei ihr ab. Wir waren erst kurz im Besprechungszimmer und dann ging es zum Ultraschall einen Raum weiter. Sie hat rund 15 Minuten geschallt und war mit dem, was sie gesehen hat, zufrieden. Das Baby ist zeitgerecht entwickelt und bewegte sich munter. Das Hämatom scheint verschwunden zu sein, trotzdem möchte sie, dass ich sicherheitshalber das Progesteron noch weiter einnehme. Dann hat sie mich noch gewogen und meinen Blutdruck gemessen, das war's. 

Das Geschlecht des Babys haben wir nicht erfahren, da es entweder die Beine überkreuzt hatte oder sich wie verrückt drehte. :) Genau wie unsere Tochter damals. In knapp 4 Wochen geht es dann zur Feindiagnostik und dort werden wir vermutlich erfahren, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird. :) Die Feindiagnostik wird wieder die Ärztin machen, die auch schon die Nackenfaltenmessung gemacht hatte. Die beiden Ärztinnen arbeiten zusammen und empfehlen sich gegenseitig für spezielle Untersuchungen und Behandlungen.

Schwanger in der Türkei - Gesundheitssystem und Schwangerenvorsorge

In der Türkei schwanger zu sein bedeutet vor allem, sich entscheiden zu müssen, wenn es um die ärztliche Betreuung und die Geburt geht. Wer krankenversichert ist, das sind alle Angestellten und Beamten, kann sich in staatlichen Krankenhäusern und von staatlichen Ärzten behandeln lassen.

Die staatlichen Ärzte sind entweder in sogenannten Polykliniken oder im Krankenhaus untergebracht. Jeder Facharzt, der eine Sprechstunde hat, hat eine Assistentin an seiner Seite, die zum Teil Sekretärinnentätigkeiten und zum Teil Tätigkeiten einer Arzthelferin übernimmt. Der Besuch dieser Ärzte scheint erstmal kostenlos zu sein, ist er aber nicht. Wenn man ein Rezept eines staatlichen Arztes in der Apotheke einlöst, muss man dort auch Untersuchungsgebühren bezahlen, zusätzlich zur Zuzahlung für Medikamente. Das kann einen mitunter ganz schön überraschen, wenn man zum Beispiel nur zur jährlichen Krebsvorsorge und anderen Terminen ohne Rezeptvergabe beim Arzt war und irgendwann später in der Apotheke auch X Untersuchungsgebühren bezahlen muss.

Die Schwangerenvorsorge übernehmen im staatlichen System die Frauenärzte und die Krankenschwestern oder Hebammen, die beim "Familienarzt" (türkisch aile hekimi) zu finden sind. Der Familienarzt ist so etwas wie der Hausarzt in Deutschland und in der Regel der erste Ansprechpartner bei kleineren medizinischen Fragen. Frauenarztbesuche scheinen bei vielen Türkinnen sehr unbeliebt zu sein. Deshalb sind viele monatlich beim Familienarzt und nur 3 Mal in der gesamten Schwangerschaft bei einem Frauenarzt. (Auch für diese monatlichen Besuche muss man irgendwann in der Apotheke die Untersuchungsgebühren bezahlen.)

Wer sich für eine staatliche Betreuung in der Schwangerschaft entscheidet, bekommt sein Kind dann auch in einem staatlichen Krankenhaus. Darin sind Männer auf der gynäkologischen Station grundsätzlich verboten. Weder für die Mutter noch für das Kind erhält man vom Krankenhaus irgendetwas. Man muss zur Geburt Windeln, Kleidung, Hygieneartikel usw mitbringen. Außerdem ist es immer so, dass neben der eigentlichen Patientin eine weitere Person im Krankenhaus bleibt. Meist die Mutter oder Schwiegermutter der Gebärenden. Das ist auch in privaten Krankenhäusern so üblich. Auch für die Geburt erhält man im Nachhinein eine Rechnung, deren Höhe man vorher meist nicht kennt. Egal, ob die Geburt spontan oder als Kaiserschnitt erfolgt, in der Türkei bleibt man nur eine Nacht im Krankenhaus. Danach geht es nach Hause.

Aufgrund meiner Vorgeschichte mit zwei Fehlgeburten lehnte die sehr vernünftige staatliche Frauenärztin, bei der ich zur Vorsorge war, meine Betreuung in der Schwangerschaft mit unserer Tochter ab. Sie empfahl mir auch, keinesfalls in ein staatliches Krankenhaus zu gehen, sondern mir einen privaten Arzt zu suchen. Das taten wir dann auch und ich bin mit meiner Ärztin sehr zufrieden.

Sie nimmt pro Monat, in dem man einen Termin hat, eine Untersuchungspauschale, egal ob man dann einmal kommt oder mehrmals pro Woche. Für spezielle Untersuchungen, wie die Nackenfaltenmessung und die Feindiganostik, empfiehlt sie einem andere private Ärzte, mit denen sie zusammenarbeitet. Alle Rezepte, die sie ausstellt, sind Privatrezepte, deren Gebühren man zu 100 Prozent selbst trägt. Auch Blutabnahmen sind bei privaten Laboren zu erledigen und dementsprechend zu bezahlen. Außer man ist mit dem staatlichen Familienarzt gut gestellt, so wie wir. ;) Dann kann er die Blutabnahme anordnen und sie ist bis auf die obligatorische Gebühr, die man in der Apotheke bezahlt, kostenlos.

Private Ärzte sind in der Türkei in der Regel 24 Stunden über ihr Handy erreichbar. Meine Frauenärztin kann ich zu jeder Tages- und Nachtzeit anrufen, auch wenn ich monatelang nicht bei ihr war. Für unseren privaten Kinderarzt gilt das Gleiche. Es gibt, soweit ich weiß, kein Gebührensystem für Privatärzte und jeder legt seine Untersuchungs- und Operationskosten selbst fest. Diese unterliegen natürlich wie alle Kosten in der Türkei der Inflation. So lag die Untersuchungsgebühr meiner Ärztin 2016 bei 200 Lira und beträgt jetzt, 2 Jahre später, 350 Lira.

Meine Ärztin macht als eine der wenigen Frauenärzte hier sowohl Spontangeburten als auch Kaiserschnitte. Die meisten privaten Ärzte entbinden nur per Kaiserschnitt, da sich das besser planen lässt. Zur Geburt im Allgemeinen und in privaten Krankenhäusern schreibe ich nochmal ein anderes Mal mehr, mir erscheint dieser Post jetzt schon megalang...

Kommentare

  1. Hallo
    Darf ich dich fragen, wie die Nackenfaltenmessung in der Türkei heisst.
    Lg

    AntwortenLöschen

Kommentar veröffentlichen

Beliebte Posts aus diesem Blog

Juni 2018┃Fremdbetreuung, Kindergarten, Tagesmutter in der Türkei

März 2018┃Türkische Erziehung - Teil 1