Dezember 2017┃Abstillen


Abstillen... Oh Gott! Ich hätte niemals gedacht, dass das mal so ein großes Thema wird. Dass ich das Gefühl habe, darüber schreiben zu möchten, ohne genau zu wissen was... Unsere Tochter ist jetzt 11,5 Monate alt und ich stille sie noch. Immer noch?! Ja, immer noch! Aber nicht, weil ich vehemente Langzeitstillerin bin oder sie sich selbst abstillen soll (daran glaube ich nicht!). Schon in der Schwangerschaft war ich mir sicher, dass ich stillen werde, im Idealfall 12 Monate.

Was das allerdings bedeutet, davon hatte ich nicht die leiseste Ahnung. Trotz meines Kaiserschnitts hatten wir einen traumhaften Stillstart. Unser Mädchen war klein und leicht, hatte aber großen Hunger und einen guten Zug. :) Bis zur Einführung der Beikost nach BLW stillte ich voll und nach Bedarf. Unsere Tochter nimmt keinen Schnuller und hat noch nie aus einem Fläschchen getrunken. Ich stillte überall und jederzeit, so wie es die Kleine wollte.

In der Türkei ist es grundsätzlich kein Problem, in der Öffentlichkeit zu stillen. Gerade wenn man unter Frauen ist, erwarten quasi alle, dass man offen stillt. Ich habe je nach Umgebung meist mein Stillcover benutzt, einfach weil ich mich so wohler fühlte. Generell stillt man hier entweder gar nicht, habe ich das Gefühl, oder für deutsche Verhältnisse sehr lange, im Schnitt 2,5 Jahre.

Bei mir wurde der Wunsch abzustillen immer stärker, als unsere Tochter etwa 9 Monate alt war. Mein Ziel, 12 Monate zu stillen, wollte ich erreichen, allerdings nach und nach die Stillmahlzeiten reduzieren. Mit dem Beikoststart stillte ich immer nach den Mahlzeiten, meist also 4-5 Mal pro Tag. Ich entschied mich für ein sanftes Abstillen und die "Don't offer don't refuse" Methode.


Die erste Stillmahlzeit, die wegfiel, war am Nachmittag zwischen Mittagessen und Abendbrot. Nachmittags aß unsere Tochter Obst und das viel und gern, sodass ich mir relativ sicher war, dass sie nicht hungrig war. Für mich war meine eigene Einstellung am allerwichtigsten. Ich verbrachte mehrere Abende mit dem Lesen in verschiedenen Foren und auf Blogs, um mich emotional und psychisch vorzubereiten.

Als ich mir dann sicher war, ging es los. Ich stillte unser Mädchen am Nachmittag nicht mehr und ging mit ihr zu der Zeit spazieren. Die Ablenkung tat gut und innerhalb von 2 Wochen war die erste Stillmahlzeit gestrichen. Zu Beginn fiel damit auch ihr drittes Nickerchen weg, was sich aber wieder einpendelte. Der Anfang war gemacht!

Danach machten wir uns an das mittägliche Stillen, an dem ein weiterer Schlaf hing. Ich will ehrlich sein, so einfach wie beim Streichen der ersten Stillmahlzeit war es nicht. Mit dem Abstillen nachmittags hatte ich an einem Montag begonnen und das deshalb so geplant, weil wir am Wochenende meist unterwegs sind. Ich wollte, dass zumindest 5 Tage routinemäßig liefen, bevor wir uns "raustrauten". Für das Mittagsstillen war das anders.

Wir waren beide fast den ganzen Oktober krank gewesen und alles hatte sich etwas verzögert. An einem Dienstag, unsere Tochter war 10,5 Monate alt, stillte ich sie auch mittags ab. Ich weiß nicht, ob es daran lag, dass es ein Dienstag war oder irgendwelche andere Gründe hatte, aber das war ein größerer Akt! Insgesamt hat es 10 Tage gedauert, bis sie wieder relativ schnell und ohne Weinen oder Meckern ihren Mittagsschlaf machen konnte. Diese 10 Tage waren nicht alle katastrophal, aber einige schon.

Fast den gesamten November habe ich nur noch morgens, abends und nachts gestillt und wollte das eigentlich auch bis zu unserer Rückkehr aus Berlin beibehalten. Ganz spontan, wieder an einem Dienstag! :), entschloss ich mich dann doch dazu, morgens auch nicht mehr zu stillen. Mit 11 Monaten und ein paar Tagen stillte ich unser Mädchen dann nur noch abends und nachts. In der gleichen Woche flogen wir nach Berlin und trotz der vielen Veränderungen gab es keine Probleme mit den Schläfchen tagsüber.



In den 3 1/2 Wochen in Berlin änderte ich nichts, auch wenn ich teilweise wirklich auf dem Zahnfleisch ging. In dieser Zeit begannen die Backenzähne unseres Mädchens einzuschießen und es gab Nächte, in denen wir alle 15-20 Minuten wach waren...

An Heiligabend kehrten wir nach Izmir zurück. Am nächsten Tag mussten wir zum Kinderarzt zur Kontrolle und zum Impfen, deshalb war die Nacht vom 26. auf den 27. Dezember die erste, in der ich nicht stillte. Und auch das ging viel besser als gedacht! Immer, wenn sie wach wurde, versuchte ich sie möglichst kurz im Arm zu halten und zu tragen. Bereits in der dritten Nacht nach dem Abstillen nachts war sie nur noch 1 Mal wach!

Einfach unglaublich! Nach 12 Monaten mit weniger als 6 Stunden Schlaf am Stück ein echtes Highlight! :) Natürlich hielt das nicht lange an, bestätigte mich aber in meiner Vermutung, dass die Zeit fürs Abstillen für uns einfach gekommen war. Zu Silvester waren wir bei meinen Schwiegereltern, weshalb ich bis zum 02. Januar noch abends stillte (nicht zum Einschlafen). Ich wollte keinen "Einschlafkampf" unter diesen kritischen Augen und Ohren... ;)

Seit dem 02. Januar 2018 ist unser Mädchen komplett abgestillt und uns beiden geht es gut damit! Trotz der Backenzähne und des Laufenlernens haben wir tatsächlich schon einige Nächte durchgeschlafen (bis 5 Uhr morgens, aber immerhin). Ein unbeschreibliches Gefühl! Für uns war es die richtige Entscheidung. Ich fühle mich besser, kann mein Gewicht wieder halten und so viel Kaffee trinken, wie ich will. :)

Dem abgestillten Kind geht es auch gut. Sie isst nun noch deutlich mehr tagsüber, trinkt plötzlich Kuhmilch (das begann 3 Tage nach dem Abstillen) und verträgt diese auch problemfrei. In schweren Nächten kann nun auch Papa sie mal nehmen. Sie hat in dieser Zeit schon 2 weitere Zähne bekommen und 4-6 stehen in den Startlöchern. Ich bin mir ziemlich sicher, wenn ich noch gestillt hätte, wären die Nächte noch schwerer geworden... Ich bin froh, 12 Monate gestillt zu haben und ich bin froh, dass es nun ein Ende hat.


Anmerkung: Dieser Beitrag hat viel länger gedauert, als ich dachte... Aber so ist das bei so emotionalen Themen wohl. Mit dem Schreiben hatte ich Mitte November 2017 begonnen und ihn Ende Januar 2018 beendet.

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